INTERVIEW Hubert Scheibl im Gespräch mit Mario Codognato

Art On Screen - NEWS - [AOS] Magazine
Hubert Scheibl, Ones, 2012/13, © Hubert Scheibl, Foto: Ditz Fejer, Öl auf Leinwand 195 cm x 140 cm

Im Zuge der Ausstellungsvorbereitungen in der Orangerie im Unteren Belvedere haben sich Kurator Mario Codognato und Hubert Scheibl u.a. über die Bedeutung der architektonischen Gegebenheiten unterhalten.

Mario Codognato: Wie wichtig ist für dich der räumliche Kontext, in dem deine Bilder präsentiert werden?

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Hubert Scheibl – Foto: Didi Sattmann
Hubert Scheibl: Das Sehen ist seit unseren Anfängen mit Bewegung verbunden. Unterschiedliche Perspektiven ermöglichen unterschiedliche Seherfahrungen. Laut meines Wissens schauen Besucherinnen und Besucher eines Museums durchschnittlich nicht länger als elf Sekunden auf ein Bild. Ich glaube, Menschen wollen Kunst auf unterschiedliche Art und Weise erleben. Daher haben wir versucht, mit dem Raum, in dem die Bilder hängen, zu experimentieren, um über die Bewegung durch den Raum und den Perspektivenwechsel unterschiedliche Bild-Erfahrungen zu ermöglichen.

MC: Versuchst du, in deiner Malerei eher die zweidimensionalen oder die materiellen Aspekte zu überschreiten?

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Hubert Scheibl, Nicotine on Silverscreen, 2012/14 © Hubert Scheibl Öl auf Leinwand 290 × 200 cm
HS: In der Alchemie des Sehens ist die Grenze unserer Bilder die Grenze unserer Welt. Das Bild wirkt oft wie ein „Gedächtnisrestl“, eine Spur, die über das hinaus weist, was zu sehen ist. Ich glaube, das Visuelle schreibt sich genau in jene Spalten ein, die das Denken offen lässt. Energie, die immer wenn sich jemand damit befasst, freigesetzt werden kann. Meine Arbeit ist eine forschende Bewegung, die sich mehr intuitiv unbekannten Energiefeldern und -formen nähert. Ein ständiges Oszillieren zwischen hüben und drüben.

MC: Während der Ausstellungsvorbereitung wurde mir klar, dass unterschiedliche Größenverhältnisse eine wichtige Rolle für dich spielen. Deine Werke werden in unterschiedlichen Maßen präsentiert, je nach Raumdimension. Wie beginnst du die Arbeit an einem Bild und wie machst du sie von den Räumlichkeiten abhängig?

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Hubert Scheibl, Nicotine on Silverscreen, 2009, © Hubert Scheibl, Foto: Christian Schindler, Öl auf Leinwand 420 cm x 350 cm
HS: Ich beginne mit dem Blick auf die leere Leinwand und setze zunächst Impulse, die ich anschließend versuche zu verdichten. Man konstruiert etwas und stellt es gleichzeitig infrage. Ich versuche, einen Prozess in Gang zu setzen, in den viele unabgeschlossene Ideen einfließen, die auch sichtbar bleiben. Perspektivenwechsel, große Arbeiten auf kurze Distanz oder umgekehrt, können irritieren und uns anregen. Es geht um das Spiel zwischen Nähe und Ferne, Intimität und Öffentlichkeit. Ich arbeite daher oft zeitgleich an verschiedenen Bildmaßen. Veränderungen von klein auf groß und umgekehrt bieten verschiedene Möglichkeiten, was ein wichtiger Ausgangspunkt ist. Der Wechsel zwischen Intuition und Kalkül. Und der Zufall als großer Meister erhält den Skizzencharakter der Arbeiten.

MC: Und wann ist ein Gemälde fertig?

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Hubert Scheibl, Ones, 2013/14 © Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg/Paris, Öl auf Leinwand 290 × 240 cm
HS: Der Künstler oder die Künstlerin funktioniert immer als reflexive Kritikinstanz, deren Entscheidungsfindung aber eigentlich sehr irrational und schwer nachvollziehbar ist. Man kann sich ein Bild eine Woche lang anschauen und nie wieder daran denken, oder man kann sich ein Bild eine Sekunde lang anschauen und es nie wieder vergessen. Man kann es aber auch in einem Augenblick begreifen, der immer das große Potenzial des Zweifels in sich birgt. Aber letztendlich sind die Bilder doch wie Notausgänge aus der Wirklichkeit.

MC: Arbeitest du an Werken gleichzeitig und was ist das ultimative Ziel?

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Hubert Scheibl, Plants and Murders, 2014, © Hubert Scheibl, Foto: Armin Plankensteiner, Öl auf Leinwand 290 cm x 200 cm
HS: Ich arbeite oft mit Serien, so wie z. B. bei den Silberbildern oder den Kratzbildern. Ich baue ein System auf und arbeite mit Abweichungen bis wieder etwas Neues entsteht. Innerhalb eines jeden Systems gibt es, glaube ich, Umwege und Anomalien, die immer häufiger werden, bis sie schließlich einen Wechsel herbeiführen. Schließlich bin ich auf der Suche nach einem evolutionären Urstrom, sei es in der Malerei, in der Zeichnung oder wenn ich Musik mache. [Belvedere]

„I am nature“, wie schon Jackson Pollock sagte.

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