
Die Wiener Moderne in der Ausstellung Stadt der Frauen – Künstlerinnen in Wien von 1900 bis 1938 im Unteren Belvedere Museum. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Frauen im Kunstgeschehen Wiens fest verankert. Sie stellten auf Augenhöhe mit Gustav Klimt oder Egon Schiele aus und leisteten bemerkenswerte Beiträge zur Epoche der Wiener Moderne.
Künstlerinnen in Wien
Mit dem Anschluss 1938 wurden sie aus der Kunstgeschichte verbannt und vergessen. Stadt der Frauen setzt einen wichtigen Schritt, jene Künstlerinnen wieder ins Blickfeld zu rücken und ihre bis heute beeindruckenden Leistungen zu würdigen.

„Das Belvedere ist berühmt für seine Sammlung aus der Zeit der Wiener Moderne. Umso mehr ist es mir ein großes Anliegen, die vergessene weibliche Seite dieser Epoche in ihrer ganzen Reichweite wieder sichtbar zu machen. Die Künstlerinnen jener Jahre waren und sind eine große Inspiration, und ihren Werken wurde völlig zu Unrecht fast ein Jahrhundert lang kaum Beachtung geschenkt“, Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere.
Mit Arbeiten von rund sechzig Künstlerinnen bietet die Schau „Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien“ einen umfassenden Blick auf das Kunstschaffen von Frauen als wesentlicher Teil des Wiener Ausstellungsgeschehens in den Jahrzehnten zwischen 1900 und 1938. Sie verfolgt chronologisch ihre Biografien und veranschaulicht so eindrücklich, in welch hohem Maß die klassische Moderne von Künstlerinnen geprägt wurde. Ihre Werke waren in allen wichtigen Stilrichtungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vertreten, wie Stimmungsimpressionismus, Secessionismus, Expressionismus, Kinetismus oder Neue Sachlichkeit. Gleich einem roten Faden führt das Schaffen von Broncia Koller-Pinell in der Ausstellung durch die Epochen. Die 1934 verstorbene Künstlerin mit jüdischen Wurzeln hat zu den meisten dieser Kunstströmungen maßgeblich beigetragen. Mittels historischer Fotografien und Dokumente werden im Unteren Belvedere Schauplätze der Wiener Moderne wie die Secession oder die Galerie Miethke vergegenwärtigt und Frauen und ihre Kunst darin verortet.
Historischer Überblick
Sabine Fellner, Kuratorin der Schau: „Während der Vorbereitungen zur Ausstellung habe ich mich auf eine Entdeckungsreise begeben. Bilder dieser großartigen Frauen waren teils auf Dachböden gelagert oder in Depots versteckt, ohne dass es jemand wusste. Wir bringen somit eine wichtige Seite der Kunstgeschichte im wahrsten Sinn des Wortes wieder ‚ans Licht‘.“

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts eroberten sich Künstlerinnen in Wien sukzessive einen Platz in der Kunstwelt der Wiener Moderne. Künstlerinnen wie Teresa Feodorowna Ries, Elena Luksch-Makowsky, Emilie Mediz-Pelikan oder Helene Funke schafften es, sich Karrieren aufzubauen, die auch nach heutigen Maßstäben beachtlich sind. In einer Zeit, die von streng dualen Geschlechterstereotypen geprägt war, kämpften sie gegen große Widerstände an. Der Zugang zur Akademie der bildenden Künste war ihnen noch versperrt, und es mangelte an Präsentationsmöglichkeiten. Teuren Privatunterricht konnten sich nur wenige leisten. Dennoch gelang es einigen, in Ausstellungen des Künstlerhauses, der Wiener Secession → oder des Hagenbundes präsent zu sein. Eine ordentliche Mitgliedschaft in diesen Vereinigungen blieb ihnen allerdings verwehrt. Sehr früh schon schlossen sich Frauen daher zu eigenen Vereinen zusammen, etwa zur Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ), die als erstes kräftiges feministisches Zeichen dieser Entwicklung zu werten ist. Ankäufe durch die Staatsgalerie zeigen, dass diese Zusammenschlüsse erfolgreich waren.
Frauen in der Kunst von 1920 – 1938
Ende der 1920er-, Anfang der 1930er-Jahre war schließlich ein Niveau der Emanzipation erreicht, das nach dem Zweiten Weltkrieg erst mühsam wieder erarbeitet werden musste. In der Ausstellungsszene waren Künstlerinnen inzwischen deutlich präsent und unübersehbarer Teil der Avantgarde. Waren Frauen zunächst auf Bereiche wie Blumen- oder Landschaftsmalerei reduziert gewesen, besetzten sie bereits seit der Jahrhundertwende neue Themen und Genres. So wurde es schließlich gesellschaftlich anerkannt, dass Frauen Akte malten. Viele von ihnen bearbeiteten sozialkritische Themen und waren in ihren Werken äußerst politisch. Kurios mutet hier die Geschichte von Stephanie Hollenstein an, deren künstlerische Arbeit sehr expressiv war und die radikale Schritte in Richtung Gleichberechtigung setzte, sich später allerdings zum Nationalsozialismus bekannte.
Das Ende der Frauen in der Stadt

1938 endete die Präsenz von Künstlerinnen in Wien. Das NS-Regime und der Zweite Weltkrieg führten dazu, dass ihre Arbeiten aus Museen, Galerien und der Kunstgeschichte generell verschwanden. Viele waren jüdischer Herkunft und mussten flüchten. Andere wurden durch den eingebrochenen Kunstmarkt ins Exil gezwungen und konnten nie wieder eine Karriere aufbauen. Nur einigen wenigen gelang es, nach ihrer Emigration wieder Fuß zu fassen. Künstlerinnen und ihre Werke gerieten in Vergessenheit.
Erst in den letzten Jahrzehnten begann die Aufarbeitung dieser Seite der Kunstgeschichte. Die vorliegende Ausstellung ist die bislang umfangreichste Dokumentation der Kunst von Frauen in der Wiener Moderne, den es seit Beginn des Zweiten Weltkriegs gegeben hat. Sie kann jedoch bei Weitem nicht den gesamten Umfang der Leistungen dieser Künstlerinnen präsentieren, sondern versteht sich als Anstoß zur weiteren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema. Gezeigt werden Werke, die zum Teil seit drei Generationen nicht mehr zu sehen waren. (Belvedere. Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien)
Stadt der Frauen. Künstlerinnen in Wien von 1900 bis 1938 im Belvedere Museum. Unteres Belvedere vom 25. Jänner bis zum 19. Mai 2019. Klicken Sie hier zum Ticket Service → von Art On Screen. Tickets einfach und bequem online kaufen.
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