Maria Lassnig – Zwiegespräche

Maria Lassnig, Zwiegespräche, Art On Screen - News - [AOS] Magazine
Maria Lassnig, Ohne Titel (Schreiende), 1981, Maria Lassnig Stiftung © 2017 Maria Lassnig Stiftung, Foto Roland Krauss

Maria Lassnig. Drei Jahre nach dem Tod einer der größten zeitgenössischen Künstlerinnen Österreichs würdigt die Ausstellung in Wien die Zeichnungen und Aquarelle der Künstlerin (1919–2014). 

Maria Lassnig, Zwiegespräche, Art On Screen - News - [AOS] Magazine
Maria Lassnig, Ohne Titel (Schreiende), 1981, Maria Lassnig Stiftung © 2017 Maria Lassnig Stiftung, Foto Roland Krauss
Konsequent verfolgte sie mit ihrem Werk das Ziel, ihre ureigene Körper-Wahrnehmung und Emotion auf Papier zu bannen. Es sind tiefgreifende Empfindungen, die im Zentrum ihrer Bilder stehen. Die Ausstellung in der Albertina würdigt drei Jahre nach Maria Lassnigs Tod ihr zeichnerisches Werk mit einer Retrospektive und führt rund 80 der schönsten Zeichnungen und Aquarelle der Künstlerin zusammen. Bislang völlig unbekannte Blätter erweisen sich in der Schau als Schlüsselwerke – gemeinsam mit Vertrautem werfen sie ein neues Licht auf ihr Konzept der „Body Awareness“ und erschließen neue Einblicke in das vielseitige Werk der Österreicherin.

Maria Lassnig – Blick nach Innen

Maria Lassnig, Zwiegespräche, Art On Screen - News - [AOS] Magazine
Maria Lassnig, Das Geschrei des Eichelhähers, 1982, Albertina, Wien © 2017 Maria Lassnig Stiftung
Lange bevor Körperbewusstsein und das Verhältnis von Mann und Frau zentrale Themen der internationalen Avantgarde werden, macht die Künstlerin ihren eigenen Körper zum Mittelpunkt ihrer Kunst. Das Sichtbarmachen von körperlichen Emotionen und das Nachspüren der Körperwahrnehmung bilden den Mittelpunkt ihrer „Body Awareness Paintings“. Humorvoll und ernst, sehnsuchtsvoll und gnadenlos zugleich hält die Künstlerin ihre Selbstempfindungen auf dem Papier fest. Nicht was sie sieht, sondern wie sie sich spürt, wird zum Bild. „Man malt wie man ist“, sagt die Künstlerin und bestätigt damit auch die ihr innewohnende Widersprüchlichkeit, mit den äußeren und inneren Wirklichkeiten unabdingbar im Gespräch zu sein.

Maria Lassnig, Zwiegespräche, Art On Screen - News - [AOS] Magazine
Maria Lassnig, Das Erinnern – das ist Liebe, 1997, Albertina, Wien © 2017 Maria Lassnig Stiftung
Schon die eindringlichen Porträts, die noch zu ihrer Schulzeit in Kärnten entstehen, zeigen Lassnigs herausragende Begabung: Der genau beobachtende und schonungslos kritisch fragende Blick – anfangs noch in den Spiegel – dominiert markant das eigene Porträt und begleitet sie durch alle Jahrzehnte. Das Selbstbildnis bleibt das zentrale Thema der Künstlerin, wobei sie diesem kunsthistorisch verankerten und traditionsreichen Motiv völlig neue Dimensionen verleiht. Bereits in den späten 1940er-Jahren entstehen die ersten „Körpergefühlszeichnungen“, die Lassnig noch „Introspektive Erlebnisse“ nennt. Sie stellt somit weit vor allen vergleichbaren Positionen in Europa und Amerika den eigenen weiblichen Körper in den Mittelpunkt ihres Schaffens. Zeichensprache und Umrisslinien definieren nicht nur die Form des abgebildeten Gegenstands, sondern transportieren schon bald verdichtete Spannung.

Künstlerin als Seismograf

Maria Lassnig, Zwiegespräche, Art On Screen - News - [AOS] Magazine
Maria Lassnig, Die Illusion von meiner Tierfamilie, 1999 Albertina, Wien © 2017 Maria Lassnig Stiftung
Ende der 1960er-Jahre übersiedelt Lassnig nach New York. Die pulsierende Kunstszene, die Präsenz feministischer Positionen und Gruppierungen animieren sie dazu, Neues zu gestalten: Sie besucht einen Zeichentrickkurs, doch statt des angestrebten Nebenjobs bei den Walt Disney Studios resultieren daraus Zeichentrickfilme, in denen sie mittels „Körpergefühlszeichnungen“ ihre privaten Erlebnisse, Sehnsüchte und Erfahrungen umsetzt. Nach einem Aufenthalt in Berlin folgt die inzwischen 60-Jährige 1980 der Berufung an die Wiener Hochschule für angewandte Kunst als Professorin für Gestaltungslehre – experimentelles Gestalten.
Wieder zurück in Wien dringt die Erkundung der Körperempfindungen bis zu den Nervenbahnen vor. Die Darstellungen vermitteln eine hochgradige innere Spannung, die die Künstlerin wie einen Seismografen reagieren lässt. Zahlreiche Arbeiten thematisieren den oft grausamen Umgang mit Tieren und der Natur, in ihnen werden Tiere allein oder gemeinsam mit menschlichen Figuren, oft Selbstporträts, dargestellt. Die beiden Realitätsebenen – das Gesehene sowie das innen Wahrgenommene – existieren dabei nebeneinander. [Albertina Wien]

Maria Lassnig – Zwiegespräche. 5. Mai – 27. August 2017. Täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, mittwochs 10.00 bis 21.00 Uhr. Albertinaplatz 1,  A-1010 Wien

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen