Balthus Ausstellung – Wollen wir das sehen ?

Fondation Beyeler

Balthus - Thérèse, träumend, 1938 Art On Screen - NEWS - [AOS] Magazine
Balthus - "Thérèse, träumend" 1938, Jacques and Natasha Gelman Collection, 1998 © 2018 Artists Rights Society (ARS), New York, Metropolitan Museum of Art in New York

Mit der Balthus Ausstellung in Riehen bei Basel präsentiert die Fondation Beyeler einen der letzten grossen Meister der Kunst des 20. Jahrhunderts. Balthus, mit vollem Namen Balthasar Klossowski de Rola (1908–2001) zählt zu den singulärsten und kontroversesten Künstlern der Moderne.

BALTHUS, Balthasar Kłossowski de Rola, Art On Screen - NEWS - [AOS] Magazine
BALTHUS, Balthasar Kłossowski de Rola, 1948 Foto: Irving Penn © The Irving Penn Foundation
Eine Ausstellung zu Balthus stellt für ein Museum eine besondere Herausforderung dar. Bis heute wird der Künstler oft mit seinen Darstellungen junger Mädchen und Frauen assoziiert. Deren Anblick beim Publikum immer wieder Unbehagen und dementsprechende Debatten über künstlerische und darstellerische Grenzen ausgelöst hat und auslöst. So sorgte in jüngster Vergangenheit Balthus bedeutendes Gemälde Thérèse träumend  von 1938 im Metropolitan Museum of Art in New York für öffentliche Aufregung, als im November 2017 in einer Online-Petition aufgrund der erotischen Konnotation des Bildes dessen Abhängung beziehungsweise Neukontextualisierung gefordert wurde. Obgleich die Petition auf breite Resonanz stiess, liess das Metropolitan Museum das umstrittene Werk hängen. Inmitten dieser Kontroverse reist das Gemälde nun unter veränderten Vorzeichen bei uns an und erlangt Symbolstatus für eine wieder entfachte Kulturdebatte.

Balthus – Balthasar Klossowski de Rola

Ausgangspunkt für diese umfangreiche Präsentation, bildet das Hauptwerk Passage du Commerce-Saint-André von 1952 bis 1954, das sich als Dauerleihgabe einer Schweizer Privatsammlung seit vielen Jahren in der Fondation Beyeler befindet. 

BALTHUS, LA RUE, Art On Screen - NEWS - [AOS] Magazine
BALTHUS, LA RUE, 1933, Öl auf Leinwand, 195 x 240 cm, The Museum of Modern Art, New York, Vermächtnis James Thrall Soby © Balthus Foto: © 2018. Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florenz
Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehören unter anderem Gemälde wie La Rue von 1933, das eine Pariser Strassenszene darstellt, in der rätselhafte Figuren wie auf einer Theaterbühne in ihren Posen erstarrt erscheinen. Dieser Stillstand, den Handlungen in Balthus’ Werken erfahren, wird auch in Les Enfants Blanchard von 1937 bildlich, das 1941 von Pablo Picasso → erworben wurde, mit dem Balthus befreundet war. Für die umfangreiche Retrospektive konnte die Fondation Beyeler eine Vielzahl von wertvollen Leihgaben international bedeutender Museen gewinnen, darunter das Metropolitan Museum of Art und das Museum of Modern Art in New York, das Centre Pompidou in Paris, das Hirshhorn Museum in Washington und die Tate in London.

BALTHUS - LA PARTIE DE CARTES, Art On Screen - NEWS - [AOS] Magazine
BALTHUS, LA PARTIE DE CARTES, 1948 – 1950, Öl auf Leinwand, 139.7 x 193.7 cm, Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid © Balthus
In seinem facettenreichen und mehrdeutigen Schaffen, das ebenso Verehrung wie Ablehnung erfährt, verfolgt Balthus, mit vollem Namen Balthasar Klossowski de Rola (1908–2001), einen künstlerischen Weg, der alternativ, ja geradezu entgegengesetzt zu den Entwicklungen moderner Avantgarden und den gängigen Vorstellungen davon verläuft. In dieser Abkehr bezieht sich der exzentrische Maler auf eine Vielzahl kunsthistorischer Traditionen und Vorläufer, die von Piero della Francesca über Poussin bis hin zu Füssli, Courbet und Cézanne reichen. Zugleich sind bei näherer Betrachtung aber auch Impulse moderner Kunstbewegungen, namentlich etwa der Neuen Sachlichkeit sowie des Surrealismus auszumachen, in deren Kontext sich der Künstler teilweise provokante Bildinszenierungen und damit die abgründige Dimension seiner Kunst einordnen lassen. In seiner beinahe als postmodern zu beschreibenden, grundsätzlichen Distanzierung von der Moderne entwickelt er jedoch zugleich seine ganz eigene Form von Avantgarde, die heute umso zeitgenössischer erscheint.

Künstler des Widerspruchs und der Irritation

Balthus erweist sich als Künstler des Widerspruchs und der Irritation, in dessen ebenso ruhevollen wie spannungsreichen Werken Gegensätze aufeinandertreffen, die Wirklichkeit und Traum, Erotik und Unbefangenheit, Sachlichkeit und Rätselhaftigkeit sowie Vertrautes und Unheimliches auf einzigartige Weise verbinden. [metaslider id=“23149″]

Insbesondere in dieser Kontrastsetzung kombiniert Balthus Motive der Kunsttradition mit Elementen populärer Kinderbuchillustrationen des 19. Jahrhunderts. So sind seine Bilder auch fortwährend von expliziten und impliziten Aspekten der Ironie durchdrungen und reflektieren und befragen nicht zuletzt auf diesem Weg darstellerische und ästhetische Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Kunst des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus. Paradoxe zeichnen auch die Person Balthus aus, der sich als Künstler in einem Gestus der Bescheidenheit a priori als «Handwerker» verstanden wissen wollte und zugleich die Pose und den Status des intellektuellen Aristokraten einnahm, der im engen Austausch mit grossen Philosophen, Literaten, Theaterleuten und Filmschaffenden seiner Zeit stand. So changierte sein langes, nahezu das gesamte 20. Jahrhundert durchlaufendes Leben fortwährend zwischen Askese und Mondänität.

Ausstellung Balthus: Fondation Beyeler→, Riehen / Basel. Ticket Service → einfach und bequem online bestellen.

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